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Denkmalgeschützte Liegenschaften: Juwelen oder Klotz am Bein?

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  Do, 22.11.2018

Wer einen altehrwürdigen Bauernhof oder ein betagtes Stadthaus modernisieren will, kommt oft mit Auflagen und Einschränkungen in Konflikt: Der gewünschte Balkon oder das Dachfenster muss dann aus dem Plan gestrichen werden. Liegenschaftsbesitzenden wird mitunter viel Verständnis abverlangt, während die Denkmalpflege gemäss eigenem Selbstverständnis im Dienste der Allgemeinheit handelt. Wer weiter denkt, findet aber durchaus Kompromisse.

«Da besitze ich ein Haus und darf damit nicht einmal machen, was ich will!», beklagt sich ein casanostra-Leser. Für seinen Altbau – erstellt Ende des 19. Jahrhunderts – hatte er grosse Pläne: Eine Veranda war vorgesehen und auf dem Dach Solarpanels. Doch es schaltete sich die Denkmalpflege ein. Das Objekt steht auf deren Inventarliste und wird als «schützenswert» eingestuft. Die Veranda war dahin, ebenso das Solardach und einige weitere Modernisierungen, welche geplant waren.

Das kann frustrieren. Denn: Wer ein Haus besitzt, möchte darüber frei verfügen können. In Bayern hat ein renovationswilliger Eigentümer letztlich die Toreinfahrt seines Fachwerkhauses mit dem Spruch «Gott schütze mich vor Staub und Schmutz – vor Feuer, Krieg und Denkmalschutz» verziert. Offensichtlich war er genervt.

Die Furcht vor dem Denkmalschutz

Die Denkmalpflege hat freilich eine andere Herangehensweise als ein Hausbesitzer, der sich eingeschränkt und gegängelt fühlt. Ein geschütztes Objekt sei eben nicht alleiniger Besitz – es gebe durchaus ein Interesse der Allgemeinheit, weil es zum kulturellen Erbe gehört. Das bringe Verantwortung und Pflichten mit sich, welche über Privatinteressen hinausgingen.

Auch Architekten raten, die Denkmalpflege frühzeitig beizuziehen, wenn ein schützens- oder erhaltenswertes Objekt baulich substanziell erneuert werden soll. Ein Bauvorhaben ohne Absprache zu beginnen, könnte Ärger und noch mehr Zusatzkosten nach sich ziehen – da und dort gar den Rückbau bereits vollzogener Modernisierungen.

In der Schweiz ist die Denkmalpflege kantonal geregelt. Die Baugesetze geben Auskunft darüber. Der Kanton Bern etwa nennt Baudenkmäler «herausragende Objekte und Ensembles von kulturellem, historischem oder ästhetischem Wert». Dazu gehören namentlich Ortsbilder, Baugruppen, Bauten, aber auch Gärten, Anlagen und innere Bauteile. Überdies wird in den kantonalen Bauinventaren zwischen «schützenswert» und «erhaltenswert» unterschieden. Schützenswerte Bauten dürfen strikt nicht abgebrochen werden; erhaltenswerte hingegen dürfen ersetzt werden, sofern deren Erhaltung unverhältnismässig ist und – bei einem Neubau – «das Baudenkmal durch ein gestalterisch ebenbürtiges Objekt» ersetzt wird.

Auch der Bund führt eine Liste

Zusätzlich wird auf Bundesebene Schutz und Erhalt von historischen Ortsbildern und Kulturdenkmälern geregelt. Es greift das Natur- und Heimatschutzgesetz, welches das Bundesinventar der geschützten Ortsbilder Isos vorsieht. Demnach ist der Bundesrat verpflichtet, Inventare von Objekten von nationaler Bedeutung zu erstellen. Das Isos umfasst derzeit 1274 Objekte – etwa Stein am Rhein (SH), La Chaux-de-Fonds (NE), Erlach (BE), Zofingen (AG) – aber auch Städte wie Basel, Bern, St. Gallen und Zürich.

Gewissen Ortsbildteilen wird durch das Isos ein Erhaltungsziel zugeteilt. Die konkrete Umsetzung der Erhaltungsziele im jeweiligen Einzelfall soll sicherstellen, dass «die wertvollen Eigenheiten des Ortsbilds – und damit seine nationale Bedeutung – ungeschmälert erhalten bleiben». Zusätzlich zu den Erhaltungszielen gibt das Bundesinventar Empfehlungen zu einer nachhaltigen Planung ab, um die Erhaltung des kulturellen Erbes und die besondere Qualität der Siedlungen für die Zukunft zu gewährleisten.

Die Gesetze wollen aber mitnichten ein landesweites Ballenberg erstellen. Nutzung, auch Umnutzung und Anpassungen an die heutigen Bedürfnisse sind erlaubt. Jedoch dürfen Baudenkmäler «durch Veränderungen in ihrer Umgebung nicht beeinträchtigt werden.» Überdies werden die Inventarlisten der Denkmalpflege ebenso wie die Isos-Liste ab und an überarbeitet, Objekte auch mal zurückgestuft.

Denkmalschutz und Ökologie? Ja, das geht!

Die Bestimmungen der Denkmalpflege mögen einschränken, sie kollidieren jedoch nicht zwangsläufig mit modernen Bauvorhaben und ökologischen Ansprüchen, wie sie auch der Hausverein Schweiz proklamiert und fördert. Etwa die zeitgemässe Fensterisolation oder die Installation von Solarkollektoren. Gelungene Energiesanierungen und ökologische Modernisierungen von denkmalgeschützten Bauten sind also mit Augenmass grundsätzlich möglich.

Getrieben vom aktuellen Energie- und Nachhaltigkeitsdiskurs, rückt der energetische und ökologische Aspekt immer stärker in den Fokus der Behörden und Hausbesitzer. Die Beurteilungspraxis der Denkmalpflege wurde angesichts dessen durchaus liberaler: Gesuche für das Erstellen von Solaranlagen auf schützenswerten Bauten haben heute grössere Chancen als noch zu Beginn des Jahrtausends – die Meinungen darüber gehen allerdings auseinander (siehe Interview).

Kooperation lohnt sich

So einengend ihre Auflagen erscheinen mögen – die Denkmalpflege wird bisweilen zu Unrecht als Entwicklungsbremse gegeisselt. Ganz im Gegenteil werden Bauherren, die mit der Denkmalpflege planen und zusammenarbeiten, häufig finanziell unterstützt. Gefördert werden generell alle werterhaltenden Arbeiten an Häusern, die im Bauinventar stehen.

Eine solche Entschädigung kann bis zu 100 Prozent der Kosten ausmachen. Entscheiden wird die Denkmalpflege im Einzelfall – ein Anspruch seitens Bauherrschaft besteht nicht. Dient ein Bauvorhaben indes bloss der Wertsteigerung, kann die Denkmalpflege eine Mitfinanzierung auch ablehnen.

Der Autor

Andreas Käsermann

Andreas Käsermann
Journalist

Aus «casanostra» 148

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